Einleitung

Dieser Beitrag stellt einen Versuch dar, bisherige theoretische Einsichten und Erkenntnisse zur Schulentwicklung zu diskutieren, um Ansätze und Modelle weiterzuentwickeln und somit zur Schulentwicklungstheorie beizutragen. Basierend auf ausgewählten und relevanten Befunden der Schulentwicklungsforschung werden vorhandene Erkenntnisse gebündelt und vor dem Hintergrund schulentwicklungstheoretischer Ansätze reflektiert. Dabei werden internationale und nationale Forschungsbefunde älteren und neueren Datums herangezogen und zusammengeführt.

Zusammenführung von Schulentwicklungsansätzen und Qualitätsverbesserungen

Zugleich werden Schulentwicklungsansätze daraufhin geprüft, inwieweit förderliche Voraussetzungen und Bedingungen für Qualitätsverbesserungen in Schulen geschaffen werden können und somit eine schulwirksame Schulentwicklung erreicht wird. Dadurch soll ein Beitrag zur Verbindung von Schulentwicklung und Schulwirksamkeit geleistet werden. Empirische Erkenntnisse weisen jedoch auf komplexe Gefüge von notwendigen Gelingensbedingungen für erfolgreiche Schulentwicklung hin, die Qualitätsverbesserungen für Schulen oder das Schulsystem ermöglichen. Durch die Heranziehung schulentwicklungs-, innovations- und organisationstheoretischer Ansätze und Erkenntnisse wird vor dem Hintergrund bisheriger Forschungsbefunde die Frage untersucht, unter welchen Bedingungen schulische Innovationen am ehesten erfolgreich gelingen.

Einordnung der Forschungsrichtungen

Wenn man die Forschung in den Feldern von Schulqualität und -wirksamkeit einerseits und Schulentwicklung andererseits mit einer gewissen Verknüpfung sichtet, kommt man unweigerlich an das Erfordernis, diesen Forschungssektor näher zu bestimmen und einzugrenzen. MaagMerki & Werner (2013) unterscheiden anhand von ausgewählten Beispielen von Studien drei Typen von Schulentwicklungsforschung: fallorientierte Schulentwicklungsforschung, Modell- und Interventionsprojekte sowie Schulentwicklungsforschung als Implementations- und Wirksamkeitsanalyse. Diese Typisierung greift jedoch zu kurz und es bedarf einer systematischeren Einordnung. Es sollten zunächst verschiedene Forschungsrichtungen unterscheiden werden, die das Zusammenspiel von Schulentwicklungs- und Schulwirksamkeitsforschung betreffen:

  1. Forschung über pädagogische und organisatorische Innovationen, die die Qualitätsverbesserung von Schulen in Bezug auf die Gestaltung der Schul- und Lernorganisation, unterrichtliche und erzieherische Ansätze sowie die pädagogisch-sozialen Auswirkungen untersuchen.
  2. Prozessbezogene Forschung, die sich mit Prozessverläufen, Formen, Bedingungen und Auswirkungen von Reformprogrammen, Modellversuchen oder Innovationsverläufen einzelner Schulen befasst.
  3. Systembezogene Forschung, die die Entwicklung der Systembedingungen von Schulen im Bildungssystem und in der Schulstruktur untersucht, einschließlich Schulsysteme, Schulformen, Teilsysteme, Bildungsadministration und Systemsteuerung.

Damit sind für die Schulentwicklungsforschung im engeren Sinne Eingrenzungen vorzunehmen. Schulentwicklungsforschung geschieht stets durch Erforschung von Entwicklungen in Zeitverläufen, also umfasst quantitativ-standardisierte oder qualitativ-offene Forschungsansätze im Längsschnitt (Panel- oder Follow-up-Studien). Als Schulentwicklungsforschung sollten daher nur die folgenden Formen der Forschung bezeichnet werden:

A. Studien, die Entwicklungen von Gestaltungsfeldern oder Qualitätsbereichen von Schulen oder des Schulsystems im Zusammenhang mit intendierten und systematischen Schulentwicklungsstrategien erforschen. B. Studien, die im Zeitverlauf Entwicklungen von Gestaltungsfeldern oder Qualitätsbereichen von Schulen oder des Schulsystems erforschen, ohne dass intendierte und systematische Schulentwicklungsstrategien angewendet wurden. C. Studien, die Reformverläufe, Innovationsprozesse oder Schulentwicklungsprogramme und -strategien selbst im Zeitverlauf erforschen.

Zusammenfassung

Bisherige Erkenntnisse und Errungenschaften der School-Improvement-Forschung zeigen Parallelen zu Phasen der Theorie- und Forschungsentwicklung in der Schulentwicklungs- und Schulwirksamkeitsforschung. Es wird deutlich, dass die deutsche Schulentwicklungstheorie und -forschung in erheblichem Maße durch internationale Befunde beeinflusst wurde. Bevor die erste Phase, wie von Hopkins et al. (2011) beschrieben, näher betrachtet wird, sollen grundlegende Ansätze zur Schulentwicklungstheorie skizziert werden.

1 Theoretische Ansätze zu Schulentwicklungsprozessen in der Schule

Im Folgenden werden grundlegende Theorieansätze zur Initiierung, zum Prozess und zu den Voraussetzungen von Schulentwicklung auf der Basis bisheriger Theorieannahmen und empirischer Erkenntnisse zusammengetragen.

1.1 Initiation von Wandel und Veränderungsstrategien

Die Initiation schulischer Innovationen kann mit zwei grundlegenden Ansätzen erklärt werden:

  1. Gleichgewichtsorientiertes Paradigma: Das institutionelle "Gleichgewicht" einer Schule kann durch äußere Umfeldfaktoren und innere Organisationsprobleme gestört sein. Veränderungswünsche entstehen oft aus Unzufriedenheit oder Belastungen der Schulmitglieder, die bestimmte Probleme, Zustände oder Abläufe nicht mehr für akzeptabel halten. Diese Empfindlichkeiten können zu Veränderungsbedürfnissen führen. Das Ziel der Schule besteht darin, das Gleichgewicht zwischen Anforderungen und Bewältigungspotenzialen wiederherzustellen. Im Innovationsprozess geht es dann um eine Analyse der Störfaktoren und eine Neuorientierung zur Wiederherstellung des Gleichgewichts.
  2. Konfliktparadigma: Institutionelle Widersprüche oder Zielkonflikte können zu einer kritischen Analyse der Schulpraxis führen. Diese Widersprüche, die im Schulalltag sichtbar werden, können Ausgangspunkte für Innovationsprozesse sein, um pädagogisches Handeln oder Organisationsstrukturen mit den Zielen der Schule in Einklang zu bringen. Die Auseinandersetzung mit solchen Widersprüchen kann Innovationsprozesse initiieren, wenn sie produktiv bewältigt werden.