Der vorliegende Beitrag betrachtet die schulinterne Steuerung und das Change Management aus schulentwicklungstheoretischer Perspektive. Dabei werden Anforderungen an die Steuerung und das Management von Veränderungsprozessen in Schulen formuliert. Der Fokus liegt auf der Funktion der Schulleitung und den schulischen Steuergruppen im Rahmen des Change Managements, um Erkenntnisse über schulische Innovationsprozesse zu gewinnen. Zudem wird ein Überblick über vorhandene Forschungsbefunde zur Arbeit von Steuergruppen in Schulen gegeben.

Schulinterne Steuergruppen spielen in der internationalen Diskussion zur Schulentwicklung kaum eine Rolle. Forschungsbefunde zu ihrer Bedeutung oder Wirkung sind international selten. Steuergruppen scheinen ein spezielles Phänomen im deutschsprachigen Raum zu sein. Ihre Institutionalisierung und Rolle ist hier besonders wichtig, da Schulentwicklung in Einzelschulen in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren in Deutschland an Bedeutung gewonnen hat. Dies ist unter anderem auf festgestellte Qualitätsdefizite im Schulsystem zurückzuführen. Zudem ist die Einsicht gewachsen, dass rein hierarchische Steuerungsmodelle zum Scheitern verurteilt sind. Neben der Gesamtsystemsteuerung ist auch Entwicklungsarbeit auf der Ebene der Einzelschule erforderlich. Der zunehmende Einsatz institutionalisierter Steuergruppen mag auch damit zusammenhängen, dass die Schulleitung - im internationalen Vergleich - bisher über weniger Führungskompetenzen verfügt. Daher wird in Zeiten des Wandels eine interne Steuerungsunterstützung benötigt, die sich auf das Kollegium auswirkt und die Schulleitung unterstützt.

1. Paradigmenwechsel in der Schulentwicklung – neue Anforderungen in der Steuerung der Einzelschule

Angelsächsische Implementationsstudien zeigen, dass die Umsetzung und der Erfolg von Plänen auf der Ebene einzelner Schulen entschieden wird. Die einzelne Schule wird als "pädagogische Handlungseinheit" betrachtet. Schulen passen neue Konzepte behutsam an ihre eigene Schulsituation an und folgen ihrer eigenen Entwicklungsdynamik. Standardisierte Modelle sind aufgrund unterschiedlicher Bedingungen nicht erfolgreich. Erfolgreiche Qualitätsentwicklung erfordert lokales Wissen und spezielle Strategien. Schulentwicklung erfordert Koordination, Management und Steuerung. Gestaltungsautonomie erfordert von Schulen professionelle Gestaltungsfähigkeit, zielgerichtetes Handeln, Selbststeuerung und Selbsterneuerungsfähigkeit.

Stärkung demokratischer Schulgestaltung

Höhere Selbstständigkeit ermöglicht Akteuren vor Ort mehr Eigenverantwortung und Partizipationsmöglichkeiten bei der Gestaltung ihrer Schule. Eine Abkehr von externer Kontrolle bedeutet eine Machtverschiebung nach unten, erfordert aber auch mehr Verantwortung für Bildungsqualität sowie professionelle Haltungen und Kompetenzen jeder Schule. Dies erfordert die Übernahme von Qualitätsentwicklungsaufgaben und die Koordination der Partizipation der Schulmitglieder.

Professionelle Schulgestaltung und pädagogisches Konzept

Schulen müssen pädagogische und organisatorische Konzeptionen entwickeln, die den Bedingungen vor Ort gerecht werden. Allerdings dürfen lokale Profilbildungen nicht zu Beliebigkeit und Ungleichheit führen. Schulübergreifende Entscheidungen müssen gemeinsam getroffen werden. Regionale Steuerungsgremien (z. B. Schulaufsicht, Schulträger und Schulen) sollten die Koordination und Steuerung der unterschiedlichen Schulen und Angebote übernehmen.

Gestaltungsautonomie als Schulentwicklungsstrategie

Höhere Selbstständigkeit soll Schulen befähigen, die pädagogisch-organisatorische Gestaltung und Entwicklung selbstständig zu übernehmen. Eine professionelle Gestaltungsfähigkeit erfordert Freiräume und eine stärkere Übernahme der Verantwortung für die Qualität durch Schulen selbst.

Schulen als lernende Organisationen

Schulen müssen die Fähigkeit entwickeln, sich kontinuierlich zu erneuern und an neue Anforderungen anzupassen. Es ist notwendig, systematische Schulentwicklungsarbeit zu leisten, die Konzeptentwicklung, Programmplanung und eine Infrastruktur für Kooperation, Koordination und Steuerung beinhaltet.

2 Die einzelne Schule als lernende Organisation – innovationstheoretische Überlegungen

Als theoretischer Rahmen im Schulbereich können organisations- und systemtheoretische Ansätze aus humanistischer, symbolischer und politischer Perspektive herangezogen werden. Die Schule als lernende Organisation könnte pragmatisch als theoretische Hintergrundfolie dienen, obwohl die empirische Bestätigung noch unzureichend ist. Für Fragen zur Innovation bietet dieses Modell jedoch fruchtbare Systematisierungen.

"Organisationen sind soziale Systeme, die relevante Aufgaben auf professionelle Weise wahrnehmen" (Schley 1998, 15). Systeme bilden Ordnungen (Klassen, Jahrgänge, Niveaus, etc.) und reduzieren dabei Komplexität (z.B. durch Unterrichtseinheiten), strukturieren Aufgaben (Lehrpläne, Fächerinhalte, etc.) und vermitteln Informationen (in Lehr-Lern-Formen, Versammlungen, etc.), regeln Abläufe (Tagesstruktur, Prüfungen, Konferenzen, etc.). Sie entwickeln zudem eigene Kulturen (Klassenklima, Schulkultur) und durchlaufen möglicherweise verschiedene Phasen (z.B. Gründungs-, Entwicklungs-, Konsolidierungsphasen). Systeme sind lebendige Einheiten mit einer eigenen Dynamik, Werten, Normen, Arbeitsweisen und Problemlösungsstrategien. Schulen gelten als komplexe soziale Systeme, die nicht einfach steuerbar und technologisch handhabbar sind, aber dennoch vielseitig, entwicklungsoffen und gestaltbar erscheinen.

In der Organisationstheorie und -entwicklung hat sich der Gedanke durchgesetzt, dass nicht nur die Individuen in sozialen Systemen, sondern auch Organisationen lern- und entwicklungsfähig sein können. Organisationslernen wurde als Konzept von Argyris und Schön (1978) eingeführt und geht davon aus, dass Organisationen die zentralen gesellschaftlichen Lernorte darstellen. Das Konzept des Organisationslernens nimmt an, dass Individuen fast immer im Rahmen einer Organisation lernen, die das Lernen ermöglichen, aber auch behindern und beeinflussen kann. Als lernende Schulen werden solche Schulen verstanden, die sich bewusst entwickeln, Ziele und Normen klären, schuleigene Schwerpunkte im Curriculum herausarbeiten, gemeinsame Analysen und Diagnosen der Schulsituation durchführen, Projekte entwickeln, Teamarbeit aufbauen und die Wirkungen der eigenen Arbeit überprüfen. Lernende Schulen zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie Strukturen für eigenes Lernen, Reflexion und Selbstentwicklung schaffen, zum Beispiel Prioritäten für Entwicklungsvorhaben abstimmen, Steuergruppen und Qualitätszirkel einrichten und Fortbildungsbedarfe klären, um Lerngelegenheiten für Einzelne zu ermöglichen.

Im Gegensatz zum individuellen Lernen im Sozialisationsprozess bezieht sich Organisationslernen auf das Ganze der Organisation im Rahmen von Lernsystemen und umfasst komplexe Bündel von Annahmen, Normen und Handlungsstrategien. Lernsysteme haben eine kognitive Komponente im Sinne von "kognitiven Landkarten"; dies sind die von allen Mitgliedern geteilten Beschreibungen des Aufbaus und des Ablaufs der Organisation. Organisationslernen ist selbstbezogen und reflexiv, da die Mitglieder diese kognitiven Landkarten einerseits aneignen und andererseits selbst konstruieren. Das Bild der Organisation ist das Ergebnis eines individuellen und kollektiven Konstruktionsprozesses.

2.1 Organisationslernen und Infrastruktur des Innovationsmanagements

Eine Schule kann als lernende und selbstreflexive Organisation betrachtet werden, wenn sie eine Kultur mit hoher Problemlösefähigkeit, flexibler Organisation und differenzierter Gestaltungskompetenz hat. Innovationsbereitschaft, Organisations- und Gestaltungsbewusstsein des Lehrerkollegiums sowie die Entwicklung gemeinsamen Organisationswissens sind wichtig. Schulen sollten die Fähigkeit zur pädagogischen Selbsterneuerung entwickeln, indem sie ihren Entwicklungsstand und ihre Wirksamkeit ständig überprüfen und anpassen. Organisationslernen bezieht sich auf die Weiterentwicklung des Wissens über Ziele und Bedingungen. Das Organisationswissen ist das Ergebnis des Organisationslernens und kann auch Voraussetzung für weitere Lernprozesse sein. Die Entwicklung von Organisationsstrategien und -strukturen gehört zur zentralen Aufgabe des Organisationslernens. Gemeinsames Wissen ermöglicht den Umgang mit komplexen Situationen und unterstützt Problemlösungen. Organisationslernen bedeutet, dass Organisationswissen durch Handeln und Erfahrung angereichert und erweitert wird, um auf einer höheren Stufe Ausgangsbasis für weitere Entwicklung zu sein. Organisationslernen erfordert die Weitergabe relevanten Wissens, die Anschlussfähigkeit des weitergegebenen Wissens und den Konsens über die Relevanz und den Nutzen dieses Wissens. Organisationsstrukturen haben Einfluss auf das Organisationslernen, da sie Lernen ermöglichen oder beschränken können.